satirische Texte zum Lesen und Herunterladen
Das endoskopische Kirchenlied
Wer das Pensionsalter überschritten hat und einigermassen gut bei Kasse ist, gerät leicht in den Sog des sogenannten «Jetzt-oder-nie-Syndroms». Nach dem Wegfall zahlreicher Alltagspflichten ist man/frau unversehens mit einer langen «to-do-Liste» von Erlebnissen konfrontiert, die nun unbedingt noch «abzuarbeiten» ist. Da stellt man z.B. fest, dass man noch nie auf dem Jungfraujoch war, noch nie in Las Vegas, noch nie in Ougadougou, noch nie auf den Tonga-Inseln, noch nie in Oklahoma, Okinawa oder Portofino. Ich selber habe mir z.B. vorgenommen, den berühmten Koloss von Rhodos, das dritte antike Weltwunder, zu besichtigen. Leider habe ich dann feststellen müssen, dass dieses bronzene Heliosstandbild nur etwa 66 Jahre existierte und schon vor mehr als 2200 Jahren durch ein Erdbeben zerstört wurde. Nicht einmal Altmetall-Überreste meines kolossalen Reiseziels sind heute noch zu besichtigen. Dafür durfte ich dann immerhin eine sogenannte «Koloss-Kopie» erleben. Dafür musste ich nicht einmal nach Rhodos reisen, sondern nur bis ins Kantonsspital Schaffhausen. Der besagte Vorgang wird auf Deutsch mit dem eher sperrigen Wort «Darmspiegelung» bezeichnet, hat jedoch für das anvisierte Zielpublikum der Senioren durchaus kolossalen Erlebniswert, obwohl allerdings das eigentliche Erlebnis gar nicht erlebt, sondern vielmehr absichtlich verschlafen wird. Beim Entkleiden im Umkleideraum A74 fiel mir so nebenbei plötzlich auf, dass eine der vielen Schranktüren mit dem Namen «Endo» angeschrieben war. Offenbar musste es sich hier um den Schrank eines gewissen «Endo» handeln. Der kürzlich verstorbene Meister der abgründig-schrägen Lieder, Endo Anaconda, konnte hier wohl nicht gemeint sein, einen Umziehschrank braucht er heute jedenfalls nicht mehr. Irgendwie ging es bei dieser Beschriftung vielleicht doch darum, die hier im Umkleidemodus befindlichen Patienten ganz dezent und beiläufig auf das früher oder später eintretende Ende einzustimmen. «Endoskopie» nennt sich dies offenbar in der medizinischen Terminologie. Alles hat ja irgendwann einmal einen Endtermin, und Endoskopie kann somit nichts anderes bedeuten als der Blick auf das Ende, wie es ja auch in jenem leicht gruftigen Kirchenlied Nr. 690 im Kirchengesangbuch so treffend heisst: «Richte unseren Sinn auf das Ende hin». Ja um den «stillen Hasen» Endo Anaconda ist es nun endgültig still geworden, obwohl dieser natürlich alles andere als Kirchenlieder gesungen hat. Der Endo hat halt im Gegensatz zu seinem unverwüstlichen «Moudi» (Kater) leider nur ein einziges Leben gehabt. Inzwischen bin ich nur noch mit einem engelsgleichen Spitalhemd bekleidet, und obwohl der Raum gut geheizt ist, ergreift mich plötzlich ein «töteliges» Frösteln. Bald geht denn auch die Türe auf, und eine weissgekleidete Kopie des Kolosses von Rhodos führt mich zum unentrinnbaren Opferaltar, wo ein Mysterienchor für mich dann noch ein letztes «endoskopisches» Kirchenlied singt. Im Hintergrund läuft ein versicherungs- und krankenkassengesponsertes Endlos-Video über die Überalterungsprävention und über die Schönheit eines sanften Erd-Abganges, untermalt von sphärischen Klängen, die sich in ultimativer Kakofonie mit dem endoskopischen Kirchenlied vermischen. Sanft schliesst mich die Knochenhand der Koloss-Kopie dann an eine Infusion an, die mich ebenso sanft in die Unterwelt hinabdämmern lässt. In der Unterwelt begrüsst mich dann die Krankenkassengöttin «Höllsana» und beglückwünscht mich zu meinem erfolgreichen Beitrag im Kampf gegen die Überalterung. Die Zeremonie dauert jedoch nicht lange, denn bald holt mich wieder die Koloss-Kopie ab und befördert mich aus der Unterwelt in den sogenannten Aufwachraum, wo ich dann im Sog der suggestiven Wirkung dieses Raumes tatsächlich aufwache. Der soeben verlassene Aufenthaltsort war wohl doch noch nicht die richtige Unterwelt, sondern höchstens eine preislich herabgesetzte Kopie davon, wie ja auch der unheimliche Koloss nur eine Kopie seiner selbst war. Und was das Ende betrifft, so fand dieses seinerseits kurz nach seinem Anfang bereits ein vorzeitiges Ende, «see you later, bis zum nächsten Mal». Das war also noch nicht das Ende, höchstens ein ganz kleines Endchen. «Alle meine Endchen» wäre dann das ultimative endoskopische Kirchenlied.
Ch.B. 24.12.2022
Die Kohäsionsmilliarde:
Zwei Häschen leben in einer friedlichen Kohäsion zusammen. Das eine «Häsli» war ein Hasardeur, das andere eine Hasardeuse. Tagein tagaus frassen sie Rüben und Löwenzahn und widmeten sich gewissenhaft ihrer Fortpflanzung. So «häselten» sich die «Häslis» ganz zufrieden durch ihr einfaches Kohäsionsleben. Da wurde ihnen auf einer «häsoterischen» Webseite eingeredet, dass zu jeder richtigen Kohäsion mindestens auch eine Kohäsionsmilliarde gehöre. Von da an fühlten sich der Hasardeur und die Hasardeuse in ihrer Kohäsion irgendwie unvollständig. Sie träumten von ihrer nicht vorhandenen Kohäsionsmilliarde und liessen je länger je mehr ihre schönen spitzigen Hasenohren hängen (bzw. «lampen»). «So kann das nicht weitergehen», meinte die Hasardeuse zu ihrem Hasardeur, «die Vitalität unserer Ohren lässt nach, wir müssen dringend die Nals-Hasenohrenklinik aufsuchen». «Doch dazu brauchen wir jetzt gerade eben die fehlende Kohäsionsmilliarde», brachte der Hasardeur die Sache auf den Punkt. Die beiden Häschen beschlossen dann, bei der «Raiffhasenbank» eine Kohäsionsmilliarde zu beantragen, zumal ja der frühere Chef der Raiffhasenbank ebenfalls ein Hasardeur war. Doch dort verwies man sie im Abwimmelmodus an den schweizerischen «Bundeshas» in Bern. Dieser wiederum empfahl den beiden Hasen, im «Hasino» ihr Glück zu versuchen, und spendete ihnen dazu ein Zehnernötli als Anfangskapital. Weil die beiden Hasen ja richtige Hasardeure waren, sahen sie in einem solchen Vorhaben kein Problem. Die Sache mit der Kohäsionsmilliarde erwies sich dann allerdings als ein aussichtsloses Unterfangen. Die Häschen holten sich zunächst einen kleinen Gewinn und machten dann einen Verlust nach dem anderen. Schliesslich wurden sie mit grossen Spielschulden aus dem «Hasino» weggewiesen. «Rien ne va plus»! Immerhin mussten die beiden Häschen im Spielfieber ständig derart ihre Hasenohren spitzen, dass ihre «Lampiohrschwäche» beim Rauswurf aus dem «Hasino» restlos verschwunden war. Die Sache mit der «Nals-Hasenohrenklinik» erübrigte sich somit, ebenso der Bedarf nach einer Kohäsionsmilliarde.
Ch.B. 15.12.2021
Impfressionen aus dem «Stechnorama» Charlottenfels:
Soeben wurde amtlich bekanntgegeben, dass die verschärfte Lockerung des Lockdowns gelockert worden sei. Die Fallzahlen steigen, und die Steigzahlen fallen; und wenn die absoluten Zahlen nach oben gehen, dann sinkt vielleicht die Steigerungsrate. Wenn diese jedoch ebenfalls steigt, dann kann man sich vielleicht wenigsten darüber freuen, dass das Wachstum dieser Steigerung sinkt. Doch wenn die Steigerungsratten das sinkende Schiff verlassen, lässt allerdings der R-Wert-Anstieg alle R-Wartungen in sich zusammensinken, und das F-Wort findet vermehrt Verwendung. Derweilen warten Tausende von unbestochenen Bürger/innen auf den sie betreffenden impfividuellen Stichentscheid. Impfaktion gegen Infektion, Anstechung gegen Ansteckung. An schönen Frühlingswochenenden brettern nun vermehrt tiefergelegte BMW-Cabrios mit dröhnenden Bässen durch die Quartierstrassen: «Ümmpf, ümmpf, ümmpf, ümmpf,..» lautet die Botschaft, mit der wir hier beschallt werden. Der geübte Verschwörungsexperte erkennt dabei unschwer, dass es hier um gezielte Impfpropaganda des BAG geht. Wie verlässliche Quellen im «Ümpfernet» aufdecken, wurde ein erster Test-Versuch denn auch tatsächlich über die Osterfeiertage unter dem geheimen Codewort «Test-Osteron» gestartet. Eine weitere Staffel wird an Pfingsten unter dem Codewort «Test-Pfingsteron» folgen. Die meist männlichen Auto-Rowdies können ihre umweltbelastende Leidenschaft so auf gesundheitspolitisch konstruktive Art ausleben und mit ihrem dröhnenden Hobby erst noch vom BAG ein kleines Taschengeld dazuverdienen. Nach neuesten Forschungen des verhaltenspsychologischen Instituts «Impfluenzian» in Unterdröhningen, ist die Bevölkerung für immer wiederkehrende «ümmpf-ümmpf»-Beschallung durchaus ümpfänglich. Gerade unter Senior/innen, die derzeit im Impfbereitschafts-Modus stehen, gibt es viele, die sich in ihrem pandemiebedingt einförmigen Alltag endlich wieder einmal nach einem «Kick», nach einem «Abstecher» oder gar nach einer «Spritzfahrt» sehnen. Meine erste «Spritzfahrt» zum grossen «Stechnorama»- Impfschloss Charlottenfels wurde denn auch rundum als professionell organisiertes «Feelgood-Event» für vorgerückte Jahrgänge inszeniert. Vorrücken durfte ich dann schrittweise in einer abstandskonformen Impfschlange. In grosser Eile preschte sich da ein ungeduldiger Senior an mir vorbei nach vorne. Aha! Ein Impfdrängler! Doch der «Impfdrängler» entschuldigte sich wortreich damit, dass er einfach mal ganz dringend «mal müssen» müsse. Aber dann wurde es echt «apokalyptisch»: Wie am Jüngsten Gericht erhielten die einen Impfnovizen einen schwarzen Aufkleber auf die rechte Hand, die anderen einen roten. Wer vom Jüngsten Gericht schwarz beklebt wurde, kam in den «Pfizer-BionStech-Himmel», wer einen roten Kleber verpasst erhielt, landete in der «Moderna-Hölle». Die Zuteilung zu Himmel oder Hölle erfolgte angeblich nach einem reinen Zufallsprinzip. Auf allfällig vollbrachte gute Werke kam es, wie seinerzeit bereits Luther verkündet hatte, überhaupt nicht an. Mein Kleber war rot mit der Nummer 4. Die weissgekleidete «Teufelin» an der Réception der Höllenpforte 4, die sich mir mit dem Namen «Maude» vorstellte, war sehr nett, desgleichen die Stecherin «Erna» in der Stechkabine des Höllensektors 4. Sie hat mich auf ihre ganz persönlich höllenmässige Art sogar noch von Hand gestochen. Wer weiss? vielleicht arbeitet die himmlische Pfitzerei bereits mit Stechrobotern? Nach dem Stich musste ich mich noch für eine Viertelstunde in einem Purgatorium aufhalten, wo mit unsichtbarer Hand alle meine pandemischen Sünden fortgewaschen wurden. Nach diesem Waschgang durfte ich dann ohne anschliessenden Schleudergang das Höllenschloss Charlottenburg…, äh Charlottenfels, verlassen. Doch so eine Höllenfahrt ruft, wie alles «Impfernalische» nach Wiederholung. Die Impfteufelinnen «Maude» und «Erna» im Höllensektor 4 warten schon auf mich.
Ch.B. 28.4.2021
Die Nebelkrähe:
Die Nebelkrähe erkennt man bekanntlich am Nebel, der sie umgibt. Gibt es keinen Nebel, sondern nur sauber konturierte Klarsicht, dann kann es sich bei einer gesichteten Krähe unmöglich um eine Nebelkrähe handeln. Je dichter umnebelt dagegen eine Krähe ist, umso grösser ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir eine Nebelkrähe vor uns haben, insbesondere dann, wenn die Krähe vor lauter Nebel kaum mehr sichtbar ist. Am häufigsten sind die Nebelkrähen jedoch dann, wenn man sie angesichts des dichten Nebels überhaupt nicht mehr sieht. Und wenn der Nebel so dicht ist, dass man nicht einmal das Krähen der Nebelkrähen hört, dann ist dasjenige, was man weder sieht noch hört, zweifelsohne eine Nebelkrähe.
Ch. B. 25.7.2019
Neue Akzente in der Bünzli-Forschung:
Weshalb in der Schweiz die Spiessbürger, die engstirnigen Biedermänner oder Biederfrauen, ausgerechnet mit dem Familiennamen «Bünzli» in Verbindung gebracht werden und nicht etwa mit dem Nachnamen Muggli, Hablützel oder Hugentobler, etc., darüber gibt es bisher noch keine Forschungsresultate. Es wäre ja durchaus denkbar, dass die Gartenzwerge der Familie Rindlisbacher auf uns einen hugentoblerischen statt bünzligen Eindruck machen. Doch mit der Hugentoblerigkeit, oder nun eben mit der Bünzligkeit, ist das halt so eine Sache. Da gibt es zwar einige scheinbar klare Merkmale: der gepützelte, keimfreie, chemiegesättigte Rasen, die putzigen Gartenzwerge, der fahrbare Gartengrill mit Brandbeschleuniger, der stets einsatzbereite Laubbläser, der Machtgefühl verleihende Hochdruckreiniger, die rentierbestückte Glitzer-Las-Vegas-Weihnachtsbeleuchtung, die Hirschgeweihe über der Wurzeltisch-Glanzleder-Polstergruppe, die Wappenscheiben und die Zinnteller neben dem Bild vom röhrenden Hirsch bei Sonnenuntergang, und nicht zuletzt auch die Billigeinkaufsfahrten mit dem SUV nach Konstanz, Jestetten oder Waldshut. Aber es gibt natürlich auch High-Tech-Bünzlis, die, ausgerüstet mit «selffullfilling»-Kühlschrank-app, online-Trading-account und umzingelt vom Reich der intelligenten Dinge, jene Hirschgeweih- und Gartenzwerg-Bünzlis zutiefst verachten. Ja, es herrscht auch unter den Bünzlis eine ungeheure Artenvielfalt, und es gibt sogar Bünzlis, deren Bünzligkeit gerade darin besteht, möglichst unbünzlig zu erscheinen. Anderseits kommt es auch vor, dass Bünzlis, die alle möglichen Bünzlimerkmale aufweisen (Hirschgeweih, etc), keinerlei missionarischen Drang verspüren, von anderen Menschen dieselbe (bünzlige) Lebensweise zu verlangen. Diesen höchst toleranten und angenehmen Bünzlis fehlt nämlich jene entscheidende Bünzlieigenschaft, welche die eigentliche Giftigkeit des Spiessertums ausmacht: Die ausgesprochene oder unausgesprochene Erwartung, dass die anderen Menschen exakt dieselben Lebens- und Ordnungsgrundsätze einhalten sollen. Auf der anderen Seite kann, gerade im öffentlichen Raum eine gewisse Minimalbünzligkeit durchaus eine wohltuende Wirkung entfalten, man denke da beispielsweise an jene scheinbaren Antibünzlis, welche in der Öffentlichkeitssphäre, wahllos verstreut, ihre Fertigpizzapackungen, Redbulldosen oder gar Wegwerfzelte hinterlassen, während sie in ihrem privaten Bereich womöglich einen ausgeprägten Ordnungsfimmel haben. Vielleicht ist das Phänomen der Bünzligkeit eher eine Frage der Dosierung. Ein Übermass an Bünzligkeit betrübt und bedrückt mich; doch manchmal, in allzu trashig-gleichgültigem Umfeld, sehne ich mich geradezu nach etwas mehr Bünzligkeit. Auch die Erforschung meiner eigenen Bünzligkeit kann durchaus interessante Resultate zutage fördern, insbesondere bei der Frage der Einmischung ins Verhalten anderer: Wo ist eine solche Einmischung bünzlig und wo ist sie Ausdruck von Zivilcourage? Ich beobachte zum Beispiel, wie ein Autofahrer den Motor nicht abstellt, wenn er aussteigt, um beim Postomaten «rasch» Geld abzuheben. Bin ich da bünzlig, wenn ich etwas sage, oder eher, wenn ich nichts sage? Eine ähnliche Situation begegnet mir manchmal im Zug, wenn ein Jugendlicher (oder auch ein 50+ Normalbürger) seine Schuhe (ohne Zeitungsunterlage) auf dem Sitzpolster ausstreckt oder mit dem Handy lautstark sein ganzes Privatleben ausbreitet. Ist es da spiessig, etwas zu sagen, oder ist es feige, nichts zu sagen? Vor diesem Hintergrund wird zunehmend fraglich, ob das Hirschgeweih nun ein brauchbares Bünzligkeitskriterium ist oder nicht. Es dürfte wohl mehr Spiessbürger ohne Hirschgeweih im Wohnzimmer geben als Spiesser mit Hirschgeweih. Zudem müsste man dann wohl auch jene Hirschgeweihe einbeziehen, welche man oder frau sich in einem Rausch von Biederkeit vom Gesäss her aufsteigend auf den Rücken tätowieren liess. Und überhaupt: Was sind das doch für bünzlige Tiere, welche sogar in der freien Natur mit einem Hirschgeweih auf dem Kopf herumlaufen? Und wenn ein solches Tier dann einen ganz besonderen Anfall von Spiessigkeit hat, beginnt es womöglich noch hemmungslos zu röhren im Sonnenuntergang. So dick aufgetragen, kann Bünzligkeit geradezu wieder erfrischend sein.
Ch.B. 21.12.2020
Gespräch über Minarett – oder Frauen unter sich:
Mine redt und redt und redt.
Mine redt wie’n es Buech.
Mine redt mir immer drii.
Mine redt immer um der heissi Brei ume.
Mine redt nie mit mir.
Mine rettet d’ Wält und het kei Zyt für mii.
Meischtens trinkt mine rettigslos Bier vor em Färnseh.
Mine Rhäzünser,
mine Red Bull.
Mine redt Bullshit.
Mine redt verbotte blöd umenand,
Wenn das so witer goht, het Minarettverbott...
Weme mine aaredt, mues me’n ufpasse.
Mine retardiert scho langsam,
`s isch Zyt, dass ich mine retour gib.
Ch.B. 26.3.2019
Lifestyle:
Lifestyle
Life steil aufwärts
steil erfolgreiche Leifbahn,
Hauptsache, es leift etwas,
aber Leiftung muff fich lohnen.
Swiss-Life, Schiss-Life,
Stress-Life, Fress-Life,
Highlife, Die-Life,
alles leift wie geschmiert.
Life-Show bis zum grossen Ab-Life-Date,
bis unsere Zeit endgültig zerleift.
Er hat ein steiles Life geleift.
Er hat etwaf geleiftet
Er hat sein steiles Life stets upgedated,
bis es ihn dann seinerseits abgedötet hat,
mitten auf dem Life-Steilhang.
Allef im Gleifgewifft,
Würg-Life-Balance.
Die Life-Kurve verleift steil
und fällt dann steil ab,
up & down
down in den Keller
mit Stumpf und Style
nur über meine Leife!
Über meine Leife im Keller,
wie sie leift und lebt.
Ch.B. 18.9.2018
Café - Sterben:
Schon immer traf man sich in Manfred Uck‘s Café am Helmutplatz. Uck‘s Café war so etwas wie der Mittelpunkt des Kulturlebens, die Drehscheibe für alle möglichen und unmöglichen Begegnungen, der Treffpunkt für Menschen, Ideen, Gerüchte, Klatsch, Affären und Welterklärungsversuche. Uck‘s Café war der Inbegriff des pulsierenden Lebens schlechthin. Uck‘s Café war nicht nur ein Café, sondern eine kulturelle Institution.
Doch irgendwann konnte Manfred Uck die hohen Mieten für das Lokal nicht mehr bezahlen. Und so starb Uck‘s Café.
.... und so Starbucks Coffee ...
Ch.B. 30.5.2018
Der Protestuntman:
Nachdem Stein am Rhein sich vorübergehend in eine Zwingli-Cinecittà verwandelt hat, hier ein kurzes (zum Teil imaginäres) Stimmungsbild von den Begleiterscheinungen des letztjährigen Luther-Hypes, damit wir eine Ahnung davon bekommen, was nächstes Jahr beim Zwingli-Revival auf uns zukommen könnte. So ein Reformationsjubiläum ist auf jeden Fall eine ganz tolle Sache: 500 Jahre Deutsche Landeslutherie, 500 Jahre Swingly Zurich, 500 Jahre Calvin Klein Fashion, 500 Jahre ein feste Burka ist unser Gott. Mit allerlei Events werden die Jubelfeste der eventgelischen Kirchen gefeiert, deren Gründer vor 500 Jahren dem römischen Papst das berühmte „entsurgi-entsorgi“ entgegengerufen hatten. Heute gibt es Lutheratur-Festivals mit interaktiven Lesungen aus einer 3D-Lutherbibel, die sich alle Followers auf dem himmlischen Bestellportal „Heilando“ nachhause liefern lassen können. In den Souvenir-Shops, in den Luthotheken und in den Kirchgemeinde-Basaren werden hübsche kleine Luther-Playmobiles feilgeboten, die auf Knopfdruck den Satz: „Hier steh’ ich und kann nicht anders“ von sich geben, jenen historischen Satz nämlich, den Luther damals in Worms gegenüber dem deutschen Kaiser Karl ausgesprochen hat, was die kaiserliche Majestät bekanntlich zutiefst gewormst hat. Dass das Luther-Playmobile allerdings keinen Fortbewegungsmotor hat, soll uns jedoch nicht weiter stören. Getreu seiner Devise soll dieser Spielzeug-Luther ja nicht fortlaufen, sondern vielmehr sein Stehvermögen unter Beweis stellen: „Hier steh’ ich und kann nicht anders.“ Vielleicht äussert sich diese Grundhaltung des Stehens gerade auch darin, dass die Protestanten nicht knien sondern meist stehen zum Gebet. Der standfeste Stand gehört bei den Protestanten gewissermassen zum Kernbestand; ob Anstand, Abstand, Zustand, Mittelstand, Bratwurststand, Kontostand oder One-Night-Stand, Hauptsache: Stand. Als Höhepunkt aller Jubiläums-Events findet dann in Lutherbrunnen eine ultimative Luthurgie statt: Aus dem Stand heraus springt ein Stuntman vom Base-Jumper-Fels herab als grosser Lutherator vor die zum Steh-Lunch-Abendmahl versammelte Festgemeinde, während der Kirchenchor die Bachkantate „vom Himmel hoch da comic her“ anstimmt. Trotz dieser perfekt inszenierten Stuntman-Luthurgie und trotz der dazugehörenden standing ovations ist Standhaftigkeit im heutigen postmodernen Alltag jedoch nicht mehr sonderlich gefragt. Wenn heute jemand sagt: „hier steh’ ich und kann nicht anders“, würde man ihm wohl kumpelhaft zurufen: „Easy, Mann, cool down, relax and take a kit-kat!“
Ch.B. 13.3.2018